Unsere Sage

Die “Hexe von Waldshut”

Einer der ersten Hexenprozesse überhaupt, die es im deutschsprachigen Raum gegeben hat, fand 1479 in Waldshut statt. Der Rat der Stadt Waldshut hat damals als Inquisitor den kaiserlichen Notar Johannes Gremper aus Laufenburg geholt. Durch ihn ist der Fall der Waldshuter Hexe genaustens überliefert. 1485 nimmt Johannes Gremper die Kaplanstelle in der Stadt Ravensburg an und wird dort auch Gehilfe des Dominikaners Heinrich Kramer (lat. Henricus Institoris) welcher in dieser Zeit mit dem Verfassen des Hexenhammer (lat. Malleus Maleficarum)* beschäftigt ist. Er nimmt den Fall der Waldshuter Hexe in das Buch auf.

Auszug aus dem Hexenhammer (deutsche Übersetzung), Teil 2, Kapitel 3 „Von der Art, wie die Hexen von Ort zu Ort fahren“:

Erzählung einer sichtbaren Ausfahrt am Tage

In der Stadt Waldshut am Rhein, in der Diözese Konstanz, lebte eine Hexe, die den Einwohnern sehr verhaßt war und auch zu einer Hochzeitsfeier nicht eingeladen wurde, während doch fast alle Einwohner derselben beiwohnten. Voll Zorn und Rachbegierde ruft sie den Dämon an und sagt ihm den Grund ihrer Traurigkeit, bittet auch, daß er einen Hagel erregen und alle Leute im Hochzeitszuge damit treffen möchte. Jener sagte zu, hob sie hoch und führte sie vor den Augen einiger Hirten durch die Luft hinweg, zu einem Berge nahe der Stadt. Da ihr, wie sie später gestand, das Wasser fehlte, um es in eine Grube zu gießen, (welches Mittel sie, wie sich zeigen wird, beobachten, wenn sie Hagel erregen), da ließ sie selbst in die Grube, die sie gemacht hatte, ihren Urin an Stelle des Wassers hinein und rührte das nach der gewöhnlichen Sitte in Gegenwart des Dämons mit dem Finger um. Dann warf der Dämon die feuchte Masse plötzlich in die Luft und schickte einen Hagelschlag mit gewaltigen Schloßen (Hagelkörnern), aber bloß über die Hochzeitler und Städter. Als diese dadurch auseinandergejagt waren und sich dann gegenseitig über die Ursache besprachen, kehrte die Hexe nach der Stadt zurück, weshalb der Verdacht noch mehr bestärkt ward. Als aber jene Hirten berichtet, was sie gesehen hatten, da wuchs der Verdacht gegen die Verbrecherin gewaltig. Sie ward also verhaftet und gestand, daß sie jene Tat deshalb verübt hätte, weil sie nicht eingeladen worden war. Wegen dieser und vieler anderen Hexentaten, die sie vollbracht hatte, ward sie eingeäschert.

* um 1486 veröffentlichtes Buch welches bis weit ins 17. Jahrhundert die Legitimation der Hexenverfolgung war und den Rang eines kirchlichen „Hexengesetzbuches“ für Strafrichter einnahm